1934 fand der erste Spatenstich zum Autobahnbau in Thüringen bei Triptis statt
Text von R. Scheuch (aus Triptiser Amtsblatt 8/1999) und Bildmaterial von W. Sauer

Es ist eine falsche Meinung zu glauben, die Autobahn sei eine Erfindung des Dritten Reiches gewesen. Bereits 1921 erfolgte die Eröffnung der „Avus“ in Berlin, die bereits 1909 als „nur Automobilstraße“ mit getrennten Richtungsfahrbahnen geplant war. Schon 1924 begann man mit dem Bau von Autobahnen in Oberitalien und 1930 wurde die „nur Autostraße“ zwischen Bonn und Köln dem Verkehr übergeben. Richtig ist es, dass 1933 mit dem Ausbau des Autobahnnetzes in Deutschland begonnen wurde, was seinerzeit vorwiegend strategische Gründe hatte.
Im Juni 1933 wurde das „Gesetz über Errichtung des Unternehmens Reichsautobahn“ erlassen und am ersten August des Jahres die Gesellschaft „Reichsautobahn“ als Zweigunternehmen der „Deutschen Reichsbahn – Gesellschaft“ errichtet. Die „Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen“ schuf nun durch beschleunigte Vorarbeiten der Vorentwürfe hierzu die Voraussetzungen. Schon am 23. September 1933 wurde auf der ersten Baustelle der Reichsautobahn Frankfurt/Main – Darmstadt in der Nähe Frankfurts der erste Spatenstich vollzogen. Bei der Bearbeitung der Entwürfe wurde auch festgelegt, dass die „Autobahn Berlin – München“ auf einer Länge von 70 km durch Thüringen führen sollte und von Nürnberg – Bayreuth kommend über Schleiz – Triptis – Eisenberg nach Weißenfels – Leipzig weiterführen sollte. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass die von Osten nach dem Westen, von Breslau nach Frankfurt/Main führende Linie unsere Linie einige Kilometer südwestlich von Hermsdorf kreuzen sollte.
Die „Oberste Bauleitung der Reichsautobahnen“ war, wie bereits oben erwähnt, der „Deutschen Reichsbahn – Gesellschaft“ übertragen und befand sich für unseren Bezirk in Halle. Für die thüringischen Abschnitte war das zuständige Baubüro in Gera im damaligen Handelshof (früher Hochhaus) untergebracht. Bis Schleiz unterstand die Planung und Bauausführung der „Obersten Bauleitung der Reichsautobahnen“ in Nürnberg. Von hier aus wurde bereits Ende Februar 1934 der erste Bauabschnitt „Pottiga – Schleiz“, also von der bayrischen Grenze bis Schleiz freigegeben.Die Weiterführung der Linie bereitete etwas mehr Kummer, denn zum einen musste die Autobahn durch eine große Seenplatte, die sich zwischen Schleiz und Triptis befindet, hindurchgeführt werden und zum anderen bereitete die Durchquerung des Orlatales große Schwierigkeiten. Hier musste tief ausgebaggert werden, damit der Grund den hohen Damm der Autobahn tragen konnte. Dies zeigt auch, dass die Linienführung ursprünglich anders geplant war. Sollte die Autobahn zunächst von Moßbach kommend westlich an Leubsdorf vorbei und dann zwischen dem Hocker und der Stadt Triptis geführt werden, entschloss man sich doch dann aus technischen Gründen zu der heutigen Linienführung. Deshalb stand auch erst Ende Juni die endgültige Streckenführung fest und der Verlauf der Autobahn wurde nun mit roten Fähnchen abgesteckt, so dass man genau feststellen konnte, wo die Straße unser Orlatal durchqueren wird. Diese Verzögerung bedeutete aber auch, dass immer wieder neu mit den betroffenen Grundstücksbesitzern verhandelt werden musste. Dennoch wurde das vorbildliche Verhalten der Bauern gerühmt, die innerhalb weniger Tage, ohne dass irgendwie ein Zwang ausgeübt werden musste, ihren Grund und Boden zur Verfügung stellten.
Anfang Juli wurde bereits mit dem Brückenbau an der Haslaer Straße bei Döblitz mit dem Bau der Schönborner Straßenbrücke begonnen. Der Termin für den feierlichen „Ersten Spatenstich“ zum offiziellen Beginn des Autobahnbaues in Thüringen wurde auf den 19. Juli 1934 festgelegt. Dieser 19. Juli 1934, ein Donnerstag, war ein heißer, schöner Sommertag. Ganz Triptis war feierlich mit Girlanden und Fahnen geschmückt. War es doch für die Stadt ein besonderer Tag. Es sollte vor seinen Toren der erste offizielle Spatenstich zum Beginn des Autobahnbaues in Thüringen erfolgen. Versprach man sich doch von dem Autobahnbau sehr viel. So schrieb der „Triptiser Anzeiger“ am 4. Juli 1934:
„Wirtschaftlich wird die Reichsautobahn für unsere Stadt Triptis wie für das gesamte Ostthüringen von nicht abzuschätzendem Werte sein. Und nicht allein die Tatsache ist beachtenswert, dass durch den Bau der Bahn jahrelang hindurch heimische Arbeiter Arbeit und Brot finden, auch dass Handel und Gewerbe, Handwerk und Industrie neue Beschäftigung aller Art erhalten und Geld in Umlauf kommt. Auch dann, wenn die Bahn fertiggestellt ist und der Verkehr über sie hinwegbraust, bringt uns dieses Werk wirtschaftlich zweifellos großen Nutzen. Ostthüringen wird in bester Weise in das entstehende große Fernverkehrsnetz angeschlossen werden, das gerade hier in unserer Heimat besondere Bedeutung erlangen wird, …
Schon am frühen Morgen traf aus Weimar die SA-Kapelle des Gaues Thüringen ein. Von Weida kam der Arbeitsdienst. Die damalig örtlichen Organisationen, wie SA, Hitlerjugend, die Schule, usw., die Stadtverordneten und große Teile der Bevölkerung versammelten sich auf dem Marktplatz und marschierten am Stadtteich vorbei die Schönborner Straße hinaus. Dort, nördlich der Krähenteiche, hatte man auf einer Wiese den Festplatz vorbereitet. Kurz nach 10 Uhr trafen nach den Herren der obersten Bauleitung der Autobahn und der Reichsbahn der damalige thüringische Ministerpräsident Marschler und der Staatsminister Wächtler aus Weimar kommend auf dem Festplatz ein. Nach den Ansprachen der Prominenten, dem ersten Spatenstich und dem offiziellen Abschluss der Feierlichkeiten
„formierten sich die Festteilnehmer und zogen unter den Klängen der Kapelle hinauf zum Rodaborn, um bei Bier und Rostbratwürsten noch einige gemütliche Stunden zu verbringen.“
Am Nachmittag fand eine ähnliche Feier bei Görkwitz unweit Schleiz statt. Hier sprach Staatsminister Wächtler zu den versammelten Gästen. Anschließend marschierten alle Teilnehmer nach Görkwitz, um hier ebenfalls bei Bier und Rostbratwürsten den Beginn des neuen Werkes zu feiern. Jedoch machte hier ein kräftiger Gewitterregen dem fröhlichen Treiben ein baldiges Ende.
Mit entschieden weniger Getöse wurde dann am 20. Dezember 1936, also nach 2 ½ jähriger Bauzeit das letzte Zwischenstück der Reichsautobahn Leipzig – Bayreuth von Eisenberg bis Schleiz dem Verkehr freigegeben.