Bildmaterial und Auszüge aus dem Text von R. Scheuch aus Triptiser Amtsblatt 28/1992
Seit dem Mittelalter ist das Rathaus einer Stadt das Wahrzeichen der Unabhängigkeit des städtischen Gemeinwesens gegenüber dem Stadtherrn, ein Ausdruck der Selbstverwaltung und häufig der Maßstab des Wohlstandes und des Stolzes des Bürgertums. Wir finden die Rathäuser fast regelmäßig am Markt, was auch auf den Zusammenhang mit dem Marktrecht hindeutet. In den Rathäusern, sei es in Bogengängen (Lauben), im Erdgeschoß oder in Ratshallen im Inneren, wurden die feinen Marktwaren wie Tuche, Pelze und andere Gegenstände, die dem Wetter nicht ausgesetzt werden durften feilgehalten, so dass der Marktverkehr im Rathaus seine Fortsetzung fand. In den Kellern und Böden lagerten Vorräte an Wein, Zinsgetreide, Salz usw. Die zu damaliger Zeit wenigen Verwaltungsräume verteilen sich meist auf ein bis zwei Geschosse. Der vornehmste und Haupt-Raum war der große Saal im Hauptgeschoß, in dem die Zusammenkünfte der Bürgerschaft und deren Vertretung, Beratungen und Vereidigungen stattfanden. Empfänge und Festlichkeiten der Stadt und einzelner vornehmer Bürgerwurden hier abgehalten. Der nächst wichtigste Raum war die Ratsstube als Beratungsort der Bürgermeister und Ratsherren. In diesem Raum waren auch meist die Schränke und Behältnisse für die Urkunden und das Archiv untergebracht. Dann gab es noch den Raum für den Stadtschreiber, der die Verwaltungsgeschäfte zu erledigen hatte und den Raum für den Kämmerer, der die Einnahmen für die Stadt zu verwalten hatte. Oftmals war auch noch ein Extraraum für den Stadtrichter vorhanden. Im Erdgeschoß oder im Keller war meist eine Trinkstube, der Ratskeller, untergebracht. Seiner Bedeutung entsprechend trat das Rathaus gegenüber der anderen Bebauung der Stadt besonders hervor, sowohl in seiner Größe, wie auch in seinen äußeren Schmuckelementen, seien es Vorhallen, Lauben, Erker, Ziergiebel, Zwerghäuser, Türme, Dachreiter, Glockenstuhl oder Uhr. Meist waren die Rathäuser damals schon ein steinerner Bau. Vor dem Rathaus befanden sich auch oft der Pranger und die Staupsäule oder sonstige Strafmittel.
All diese Merkmale trafen auch auf das uns bekannte älteste Rathaus der Stadt Triptis zu. Sein Standort war am Westende des Marktes, durch eine schmale Gasse von dem damaligen Diakonat getrennt (siehe Lageplan).
Wann dieses Gebäude errichtet wurde entzieht sich unserer Kenntnis, doch wurde es alten Akten zufolge bereits 1686 wiederholt als baufällig bezeichnet. Bisher hat sich auch noch keine Abbildung dieses repräsentativen Hauses auffinden lassen. Wir kennen das Rathaus eigentlich nur von den alten Stadtansichten von Triptis und den Beschreibungen in den alten Akten. Die Stadtansichten stammen einmal von dem sächsischen Oberlandbaumeister Wilhelm Dilich aus dem Jahre 1629 und des Weiteren von einem unbekannten Zeichner aus der Zeit um 1720.
Das Rathaus überragt hier, ähnlich wie die Kirche, alle anderen Häuser der Stadt. Besonders auf dem Stich von 1629 sieht man das Rathaus von Norden her und hier ist die Renaissance-Bauweise gut zu erkennen. Auf dem Stich von 1720, der Ansicht von Süden, ist auf dem Gebäude ein Storchennest mit einem Storch zu sehen, was nicht mehr oder weniger bedeuten soll, als zu zeigen, dass in jener Zeit der damals hier nicht heimische Storch doch in der Nähe genistet hat.
Im Parterre war der Ratskeller untergebracht, der als einzige Gastwirtschaft in Triptis das Weinmonopol besaß, d.h. nur der Pächter des Ratskellers durfte Wein verkaufen. Ferner waren im Erdgeschoß auch die Fleischbänke. Nur hier durfte die Ware der Fleischer unter stetiger Aufsicht eines Wiegemeisters verkauft werden. Auch war hier die Ratswaage untergebracht, eine von der Gemeindeverwaltung bereitgestellte und unterhaltene Einrichtung, um die Verwiegung von Gegenständen aller Art für die Bevölkerung amtlich vorzunehmen.
Im dem oberen Geschoß war neben den Amtsräumen und der Ratsstube ein Saal vorhanden, wo regelmäßig der Tuchmarkt stattfand, wo aber auch Bürger ihre Familienfeier, wie Hochzeiten usw. feiern konnten. So ist z.B. überliefert, dass nach der Zerstörung der Stadtkirche bei dem großen Stadtbrand von 1775 während vieler Sonntage der Gottesdienst in dem Rathaussaal abgehalten wurde, weil die Friedhofskirche erst umgebaut werden musste. Überhaupt war das Rathaus bei diesem Stadtbrand nur durch den persönlichen Einsatz des Ratskellerwirtes Meisel und des Gerichtsschöffen Riedel gerettet worden. Das Dach hatte schon Feuer gefangen und die Hitze war so groß, dass in der Ratsstube das Fensterblei geschmolzen war.
Das Rathaus muss aber zu dieser Zeit schon sehr baufällig gewesen sein, dann der damalige Diakon und spätere Pfarrer Haller schreibt etwa um 1815 in seinen Memoiren
… das alte Rathaus, das 1775 das Unglück hatte, nicht mit abzubrennen und dessen Ruine so demütigend dasteht und wahrscheinlich nicht wieder hergestellt wird …
Aus den Akten geht hervor, dass der Stadtverwaltung immer das nötige Geld zu einer gründlichen Reparatur des Baues fehlte. Der Dreißigjährige Krieg, die Stadtbrände von 1725, 1748 und 1775, der Siebenjährige Krieg von 1756-1763, die Teuerung das Jahres 1772 brauchten immer wieder das aufgesparte Geld auf.
Im Jahre 1792 besann man sich in Triptis, dass man 1718 an den damaligen Landesherrn Moritz Wilhelm, „Herzog zu Sachsenweyda“ 550 Taler „Vorschussgeld“ bezahlen musste, die vom Staat mit 6% verzinst werden sollten. Alle bisherigen Aufforderungen auf Rückzahlung blieben jedoch erfolglos. Nun wollte man Druck machen und beauftragte in Dresden einen Anwalt, sich um die Rückzahlung zu kümmern.
Die Schuld war inzwischen auf ca. 3000 Taler angelaufen. 1797 war es dann soweit, dass die „Sachsenweydaische Schuldenkammer“ sich bereit erklärte 1200 Taler als Abfindung zu zahlen, jedoch mit der Einschränkung, das Geld nur für den Bau eines neuen Rathauses zu verwenden. Der Kostenanschlag wies damals eine Bausumme von 2422 Talern aus. Trotz einer 20 %-igen „Baubegnadigung“ war es in Triptis nicht möglich, den Differenzbetrag aufzubringen.
Inzwischen war der Bauzustand des alten Rathauses so schlecht geworden, dass bereits 1794 der Turm wegen Einsturzgefahr abgerissen werden musste. In den folgenden Jahren verlegten auch die Amtspersonen ihre Geschäftsräume in ihre jeweiligen eigenen Grundstücke, so dass ein geregelter Geschäftsbetrieb nicht mehr gewährleistet war. Trotz dieses Umstandes wurden der Stadt von „Staatswegen“ immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt, so dass schließlich 1806 bei dem Durchzug der französischen Armee die verwahrten 1200 Taler von 1797 als Kriegsbeute verloren gingen.
Ein anderes Beispiel zeigt, dass die Bürgerschaft unternehmen konnte was sie wollte, man ließ sie einfach nicht bauen. 1818 reichte die Stadtverwaltung einen Plan für ein neues Rathaus ein, das auf den gleichen Grundmauern errichtet werden sollte, wie das alte, aber neben den bisherigen Räumen durch Einfügen eines weiteren Stockwerkes noch zwei Schulräume und eine Lehrerwohnung untergebracht waren. Auch hier wurde von Weimar Einspruch eingelegt. Man führte unter anderem an, dass der Kostenanschlag von 6000 Talern zu niedrig sei, das Baukapital sich nicht verzinsen würde, dass die Lehrerwohnung zu klein und überhaupt nicht zweckmäßig sei, dass die Schulstube zu nah am Ratskeller sei, dass in der Schulstube zu wenig Licht sein und zum Schluss fragte man an, wo die 1200 Taler geblieben seien, die aber schon 1806 der französischen Invasion zum Opfer gefallen waren. Schließlich wird der Stadt ein Neubau direkt verboten.
1825 wird der Abriss des alten Rathauses, inzwischen eine Ruine, befohlen. Das noch brauchbare Material (Steine) sollte aufgestapelt werden, um später wieder zu einem Neubau verwendet werden zu können. Der Schutt wurde unter anderem zur Aufschüttung des neuen Dammes am Stadtteich verwendet, wo in jenen Tagen die heutige Bundesstraße 281 gebaut wurde. Die Abbruchstelle wurde anschließend planiert und der ganze Abriss kostete dann 43 ½ Taler. Das zunächst aufgestapelte Material wurde 2 Jahre später zum Aufbau des Kirchturms verwendet. Noch heute sind ein Rest Steine dieses Rathauses in der Stützmauer des Marktplatzes zur heutigen Thälmannstraße zu finden.
… Fortsetzung folgt …